Wolfgang: Katrin, der erste Monat Shutdown liegt jetzt hinter uns. Wie geht es dir damit?

Katrin: Es ist jetzt Anfang Mai und seit dem Klimastreik am 24.04. verschlechtert sich langsam meine Laune. Bis dahin war alles gut mit einem Hoch kurz vor dem Streik. Ich habe mich total auf den Livestream und die Kunstaktion mit den vielen Plakaten vor dem Bundestag gefreut. Jetzt danach fehlt mir der Offline-Aktivismus sehr. Ich habe das Gefühl, dass gerade auf politischer Ebene Weichen gestellt werden und die Fossilen-Lobby es schafft, trotz Corona Einfluss zu nehmen. Und uns sind ein bisschen die Hände gebunden. Das gibt mir ein Gefühl von Hilflosigkeit. Wie ist es bei dir?

Wolfgang: Ja, sowas ist schlimm, aber zum Glück fordert es mich meistens heraus und ich versuche dem mit Kreativität zu begegnen und denke seitdem auch ein bisschen radikaler … Gab es bei dir einen Isolierungs-Koller?

Katrin: Ich merke, dass ich in den letzten Tagen aggressiver bin als davor. Vermutlich hat das auch mit dem Wetter zu tun. Bei grauem Himmel halte ich mich kürzer draußen auf und das macht mich müde und schlecht gelaunt. Ich finde es aber super, dass die Spielplätze wieder geöffnet sind, weil das Thema gerade beginnt, für meine Tochter interessant zu werden. Was mich noch aufmuntert, ist mein Vorhaben, mehrmals in der Woche vegan zu kochen. Jetzt ist eine gute Zeit für diese Umgewöhnung und es klappt ziemlich gut. Und wie sah dein Alltag in den letzten Wochen aus?

Wolfgang: Im Wesentlichen habe ich mich den Gegebenheiten gefügt, das einsame Arbeiten (doch im Büro) genossen und große Pläne gemacht, was ich schaffen kann in der Zeit. Ich hab gemerkt, wie eigentümlich es ist, kaum live – von Angesicht zu Angesicht – mit Menschen zu kommunizieren. Die Videochats haben das alte Leben nur zum Teil ersetzt. Ich hatte den Eindruck, schon etwas „komisch“ zu werden. Über alles hat sich für mich eine Art Schleier gelegt. Zum Glück konnte ich umziehen und lebe jetzt in einer größeren WG. Da gibts genügend Austausch, um nicht „komisch“ zu werden.

Katrin: Was hat Dir in der schwierigen Zeit geholfen? Bei mir hilft, mich mit Webinaren rund ums Klima weiterzubilden (zum Beispiel von urgewald oder von Fridays for Future). So habe ich in den letzten Wochen schon einiges gelernt und das fühlt sich nach einer guten Vorbereitung auf „die Zeit danach“ an.

Wolfgang: Mir hat es geholfen, Tagebuch zu schreiben, zu meditieren und lange Spaziergänge zu machen.

Katrin: Wir haben einander und die anderen Parents jetzt schon eine Ewigkeit nicht mehr offline gesehen. Denkst du, dass das der Bewegung schaden könnte? Driften wir auseinander?

Wolfgang: Ich glaube, die intensiven Kontakte zu Freunden oder auch zu dir überleben das locker, aber die Video-Orga-Treffen bei den Parents haben mich mehrmals recht verzweifelt zurück gelassen. Ich hatte nicht mehr das Gefühl, hier meine Heimat im Engagement gegen die Klimaungerechtigkeit zu haben. Aber gute Gespräche mit einzelnen halten mich doch immer wieder bei der Stange.

Katrin: Oh je, da bin ich aber froh, denn du bist ja 50 % des Newsletter-Teams!
Ich habe übrigens mittlerweile wieder ein paar wenige Bekannte zufällig oder per Verabredung getroffen. Zusammen mit dem herrlichen Wetter der letzten Tage bin ich jetzt wieder ausgeglichener. Ich hoffe nur, dass wir alle es jetzt nicht übertreiben und uns alle gegenseitig anstecken. Wie siehst du das?

Wolfgang: Ich bin jetzt eigentlich etwas beruhigter, weil es wohl kaum zu einem Engpass auf den Intensivstationen kommen wird in der nächsten Zeit. Alles wird zum Glück wieder lockerer. Und so drängt es mich jetzt auch wieder zu mehr Offline-Aktionen mit den Parents. Vieles ist ja jetzt schon wieder möglich: kleinere angemeldete Demos, kreative Mini-Aktionen und kombinierte Online/Offline-Aktionen.

Katrin: Ja, lass uns loslegen! Wir haben schon viel Zeit verloren.